Im Rahmen der mietvertraglichen Umlage der vereinbarten Nebenkosten kommt es immer wieder
zu Streitigkeiten zwischen Vermieter und Mieter, welche sich insbesondere an der Frage der Wirtschaftlichkeit
der geltend gemachten Kosten entzünden, wie auch im Fall einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 2011 (BGH; Urteil vom 06.07.2011, Az.: VIII ZR 340/10).
Wolf-Rüdiger Senk WoWi heute 14.04.2017
Die Beklagten dieses Rechtsstreits waren Wohnungsmieter
der Klägerin. Die Klägerin rechnete
im November 2008 die Betriebskosten für die Wohnung
der Beklagten für das Jahr 2007 ab, in welcher
der auf diese Wohnung entfallende Anteil der Müllentsorgungskosten
mit 525,71 EUR beziffert wurde.
Dagegen wandten sich die Beklagten unter Verweis
auf den vom Deutschen Mieterbund e.V. herausgegebenen
„Betriebskostenspiegel für Deutschland“,
welcher für eine Wohnung vergleichbarer Größe
eine Müllkostenumlage in Höhe von 185,76 EUR
als angemessen bezifferte. In der Folge behielten die
Mieter den Differenzbetrag von 395,95 EUR von der
Januarmiete 2009 ein und kürzten die Februarmiete
um die Rechtsanwaltskosten für ihr Beanstandungsschreiben
in Höhe von 99,60 EUR.
Den einbehaltenen Betrag von insgesamt 495,55
EUR nebst Zinsen machte der Vermieter vor dem
Amtsgericht geltend, welches der Klage vollumfänglich
stattgab. Hiergegen wandten sich die Mieter
vor dem Berufungsgericht, welches gleichfalls zu
Gunsten des Vermieters entschied, gleichwohl aber
die Revision zum BGH zuließ.
Doch auch die Richter des BGH sahen im Ergebnis
keinen Anlass, das angefochtene Urteil zu
Gunsten der Mieter abzuändern, wenngleich sie die
rechtliche Begründung der Vorinstanz nicht teilten.
Der Senat vertrat die Auffassung, die Beklagten
hätten einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht dargelegt, so dass ihnen im Ergebnis ein
Schadenersatzanspruch gegen ihren Vermieter, der sich auf Freihaltung von unnötig aufgewandten Kosten
richten würde, nicht zustünde.
Der BGH befasste sich in diesem Kontext ausführlich mit der sogenannten Darlegungs- und Beweislast.
Ein erheblicher Teil von Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass bei behaupteten Verstößen
gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot den Vermieter die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass
er das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet hat (BGH a.a.O.; so z.B. LG Hamburg, NZM 2001, 806; Münch-
KommBGB/Schmid, 5. Aufl., § 556 Rdnr. 116).
Demgegenüber stellt die auch vom Berufungsgericht vertreten Gegenmeinung darauf ab, dass um einen
Schadenersatzanspruch des Mieters gestritten wird, so dass diesen nach den allgemeinen prozessualen
Grundsätzen, dass jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen und zu beweise hat, die Darlegungsund
Beweislast für die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes trifft (in diesem Sinne auch Schmidt-Futterer/
Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl., § 560 BGB Rdnr. 126; wohl auch Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl.,
Rdnr. V 359a). Demgegenüber stellt der BGH bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage darauf ab, dass es sich
bei der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes um eine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters handelt, so dass nach den allgemeinen Grundsätzen der Mieter, welcher wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens
seines Vermieters Ansprüche geltend macht, folglich auch die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlverhalten
seines Vermieters trägt (BGH a.a.O., Rdnr. 16), so dass im Ergebnis zutreffend die Vorinstanzen davon
ausgingen, dass eine Pflichtverletzung der Klägerin von den Beklagten jedenfalls nicht dargelegt wurde.
Aus Vermietersicht aufschlussreich ist insbesondere die Beurteilung des „Betriebskostenspiegel für
Deutschland“ seitens des BGH. Nach dessen Einschätzung tragen derartige überregional auf empirischer
Basis ermittelten Zusammenstellungen von Betriebskostenansätzen den vielfältigen, je nach Region und
Kommune unterschiedlichen Gegebenheiten des Wohnungsmarktes und insbesondere des jeweiligen Anwesens
nicht hinreichend Rechnung. Aufgrund dessen kann den dort ausgewiesenen Durchschnittswerten
im zu beurteilenden Einzelfall kein Anhaltspunkt für ein unwirtschaftliches Verhalten des jeweiligen Vermieters
entnommen werden.
Der Senat sah auch keinen Anlass, über die Grundsätze der sogenannten sekundären Darlegungslast den
Beklagten eine Beweiserleichterung zuzubilligen, da diese regelmäßig nur in solchen Fällen zur Anwendung
kommen, wenn der an sich mit der Darlegungspflicht Belastete außerhalb des für seinen Anspruch relevanten
Geschehensablauf steht, während der Gegner alle erheblichen Tatsachen kennt und ihm die Darlegung
auch zumutbar ist (BGH a.a.O., Rdnr. 21). Da es im vorliegenden Fall nicht um interne Kalkulationen sondern
um objektive Gegebenheiten wie etwa den Gebührenbescheid der Kommune für die Müllentsorgungskosten
ging, sah der BGH keinen Anlass, den Mieter prozessual zu entlasten.
Interessant ist diese Entscheidung natürlich auch im Hinblick auf die Umlage von weiteren Betriebskostenarten,
da erfahrungsgemäß auch hier oft und gern gestritten wird. Ebenso wie in der hier besprochenen
BGH-Entscheidung könnten zum Beispiel auch die Versicherungsprämien im Einzelfall im Hinblick auf
den DMB-Betriebskostenspiegel in Frage gestellt werden - eine Argumentationsansatz, der im Hinblick auf
die höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls nicht tragfähig ist.
Dessen ungeachtet ist derjenige gut beraten, der sich eines spezialisierten Versicherungsmaklers bedient,
welcher auf Basis maßgeschneiderter Bedingungswerke vor vornherein einen breit angelegten, transparenten
Marktüberblick aller geeigneten Risikoträger vorhält. So kann auch ohne bestehende Darlegungslast
die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des bestehenden Versicherungsschutzes jederzeit objektiv und
sachkundig belegt werden.